Month: June 2022

Rollend in Bewegung bleiben – Erster Rollstuhlskatekurs in Haydom

In Bewegung bleiben und die Komfortzone verlassen, dass ist genau das Motto unserer diesjährigen Nachsorgewoche in Haydom.

Dafür haben wir selbst unsere persönliche Komfort- und Kontrollzone verlassen und uns sowie unsere Rollstuhlkids auf neue Bretter gestellt. Gemeinsam mit den zwei Skaterprofis Daniel und Gilliard aus UsaRiver veranstalteten wir den ersten Rollstuhlskaterkurs in Haydom.

Die zuvor im Dorf nach fachmännischem Rat des deutschen Rollstuhlskaterprofis David Lebuser gefertigten und von Haydom-Friends e.V. gesponserten Rampen und Hindernisse wurden zum Highlight der Nachsorgewoche. Die Kids wurden von Daniel und Gilliard vom Smallsteps-Skatepark in UsaRiver mit Schutzausrüstung versehen und wenig später ging es entweder im Rollstuhl oder auf dem Skateboard sitzend über Schrägrampen und gebogene Holzebenen.

Für die meisten der Kinder war dieses Gefühl von Geschwindigkeit eine ganz neue Erfahrung und wurde mit grossem Gelächter und viel Applaus begrüsst. Einige Kinder lernten spielerisch ihren Rollstuhl kennen und steuern, andere übten im Stehen oder sitzend auf dem Board ihren Gleichgewichtssinn. Dabei hatten nicht nur die Kinder einen riesen Spass sondern auch einige der Eltern entpuppten sich als wahre Rampentalente. Ziel ist es den Kindern spielerisch Ängste zu nehmen und sie herauszufordern ihre eigene Komfortzone zu verlassen.

Mit dem wundervollen Team des smallsteps-skateparks sollen künftig noch weitere skatesessions in Haydom stattfinden. Langfristiges Ziel ist der Bau eines eigenen inklusiven Skateparks in Haydom, auf dem sich sowohl die Dorfkinder als auch die Rollstuhlkids austoben können.

Zusammen ans Ziel für Kinder mit Geburtsdefekt

Die Sonne geht gerade über dem Haydom Airstrip auf, als die Sportpistole den Startschuss für die etwa 200 Läufer gibt. Der Himmel glüht in roten Farben, der Boden unter unseren Füßen ist rot und staubig. 200 Teilnehmer aus Haydom und Umgebung laufen für einen guten Zweck. 21 km vor mir und die neueste Spotify GOOD MOOD Playlist in den Ohren bewältige ich meine ersten Kilometer. Es fühlte sich an, als wäre ich der einzige Läufer, denn die anderen aus meiner Gruppe entfernten sich schnell aus meinem Blickfeld. Aber ich laufe weiter, vorbei an Sonnenblumenfeldern, kleinen Lehmhäusern und Bauernhöfen, Akazienbäumen, Kühen und Ziegen. Manchmal war der Weg eben und gepflastert, manchmal war er uneben und ich musste über tiefe Löcher im Boden springen. Meine Lungen brannten  bei jedem kleinen Hügel, den ich erklimmen musste. Ich spürte die Höhe, versuchte aber, tief und langsam zu atmen und meine Gedanken auf das Ziel zu konzentrieren.

 

Entlang des Weges standen an jeder Kreuzung Menschen, die klatschten und jubelten, einige von ihnen winkten mit Fahnen, um zu zeigen, in welche Richtung es weitergehen sollte. Ich erinnere mich, dass auf den schwierigen Abschnitten sogar einige neben mir herliefen, um mich zu motivieren weiter zu laufen. Momente der Freude und des puren Glücks, wahrscheinlich durch einen Ansturm von Endorphinen verursacht wurden, wechselten sich mit Momenten tiefer Erschöpfung ab, in denen ich wirklich damit kämpfte, einfach stehen bleiben zu wollen um mich hinzusetzen. In dem Moment, als ich wieder auf den Haydomer Flugplatz einbog, hatte ich nur noch einen Gedanken: das Ziel zu erreichen. Mit allerletzter Kraft und begleitet von viel Applaus und jubelnden Menschen, die meinen Namen riefen, überquerte ich die Ziellinie nach 2 Stunden und 11 Minuten. Ich hatte es geschafft!! Und nicht genug, auch noch als Viertbeste in meiner Kategorie.

Viele Hände klopften mir auf die Schulter und gratulierten mir. Ich war mehr als glücklich, dass ich unser Haydom-Team auf diese Weise repräsentieren konnte. Ich bin mehr als dankbar für all eure Unterstützung und guten Wünsche, die mich über die Ziellinie getragen haben. Als ich meine Medaille und sogar einen Preis erhielt, konnte ich einige Freudentränen nicht zurückhalten. Das Laufen dieser Distanz hat mich an den Kampf erinnert, den unsere Kinder mit Spina Bifida jeden Tag durchmachen müssen, und ich bin so stolz auf unsere kleinen Krieger und glücklich, dass ich das für sie tun konnte. Herr Giniki, der berühmte tansanische Langstrecken- und Marathonsportler, war ebenfalls anwesend und schüttelte mir die Hand als Zeichen seiner weiteren Unterstützung und Zusammenarbeit für unsere Kinder und Eltern in Haydom. Ich musste versprechen, weiter zu trainieren und für eine gute Sache zu laufen. Ich bin wirklich gewillt, das zu tun. Und wer weiß, vielleicht laufe ich bald sogar bald auf dem nächsten Nivau. Danke an alle, die für unsere Kinder mit Spina Bifida und Hydrocephalus in Haydom gespendet haben. Die Eltern und Kinder verabschiedeten sich nach einer erfolgreichen und lehrreichen Woche mit meinem persönlichen Versprechen, dass wir die Strecke auch weiterhin gemeinsam laufen werden und wir uns im Oktober diesen Jahres wiedersehen.